Zur Darstellung
im Bild

Kurzdarstellung
der Symbolik
in Leonardos Abendmahl


zum Buch mit der
ausführlichen Darstellung

Leonardo malte den dramatischen Augenblick, als Jesus sagte:
"Einer von euch wird mich verraten"

Was legte Leonardo symbolisch in sein Werk?


Man kann vermuten, dass Leonardo vier Inhalte abgebildet hat:

1.

Den Menschen

1.1

Die Charaktere in ihren Mischungen nach der Temperamentslehre des Hippokrates mit den zwölf Aposteln in vier Gruppen zu je Dreien, mit ihrer Sprache der Hände, der Arme und den Körperhaltungen.

1.2

Das Leben, das entsprechend den Temperamenten mehr dunkel ist als hell und die dazu passende Wandtönung im Hintergrund.

1.3

Die vier platonischen Tugenden, Weisheit, Tapferkeit, Mäßigkeit und Gerechtigkeit mit den vier Wandbehängen an der rechten Längswand mit dem Blumenmuster (heute fast nicht mehr wahrnehmbar) auf den Teppichen.

1.4

Das Schicksal des Menschen, seine Annahme im Ausdruck des Gesichtes von Jesus als Mensch, mit seiner Aufgabe und Bestimmung.

2.

Den Geist des Menschen und den Logos der Natur

2.1

Den Geist des Menschen und der Natur im Raum des Abendmahlsaales wirkend.

2.2

Die Bewegung des menschlichen Geistes von den Tugenden zu den Seinsgründen, von den offenen drei Nischen rechts zu den offenen Türen links und umgekehrt.

2.3

Die Verstandes- und Vernunftschlü;sse mit Ja, Nein und Unbestimmt durch die drei hell erleuchteten Öffnungen. Durch sie kommt Licht, das Gute, kreuzt und durchflutet den Geist, der im Raum von rechts nach links und umgekehrt strömen, wehen kann.

2.4

Der Bogen darüber sagt, dass man mit den Schlü;ssen nicht zu hoch aufsteigen soll ins Reich der Ideen. Leonardo wollte immer bei der Erfahrung bleiben.

3.

Im gesamten Bild das "Aktiv-Passiv-Prinzip"; der Stoiker

3.1

Das Werden in der Natur ausgehend von der linken Hand Jesu über die Hände, Arme und Körperhaltungen der aktiven sechs Apostel auf der rechten, lichteren Bildhälfte. Der Geist ist der erste Beweger, aller Anfang.

3.2

Das Vergehen, eingeleitet mit der rechten Hand Jesu, der abweisenden, verneinenden Sprache der Hand über alle sechs defensiven Apostel, bis zum äußersten links außen, "der den Deckel zumacht", abschließt.

3.3

Die Unsterblichkeit durch die Pädagogik und die Fortpflanzung, in den drei Verstandes- und Vernunftschlüssen, zuerst die Prüfung mit Nein, dann die Zustimmung mit der doppelten verneinung, das Ja und die Zeugung, dem Dritten, mit der Frucht, die daraus entsteht, mit den Nachkommen, in denen wir weiterleben.
Das ist mit den drei erleuchteten Fenstern und den Aposteln, mit Jesus als "Dirigent" in der Mitte, wie in einer Pantomime dargestellt.

4.

Die Schöpfung und das Universum

4.1

Die sechs Tage der Schöpfung und Jesus (in der Zahlensymbolik steht die Zahl Sechs fü;r die Schö;pfung und Jesus als Schöpfer). Die Kassettendecke hat dementsprechend sechs mal sechs Felder

4.2

Das Universum stellt der Fußboden dar mit den sieben Längsbahnen, die sich aus der Zahl Drei für Gott und der Zahl Vier für die Welt zusammen ergeben.

4.3

Die vier Gründe alles Seienden sind die vier Wandbehänge an der linken Längswand für die Stoffursache, Formursache, Wirkursache und Zweckursache.

4.4

Die Unbestimmtheit der Welt in dem was im Leben aufgetischt, vorgesetzt wird, mit den regellosen Tischutensilien.

5.

Eine Unterstellung: Das Gemälde könnte ein von Leonardo erfundenes Rätsel sein, ein Lehrstück.

Der Gerichtshof des Gewissens, für den Humanismus (den Menschen in den Mittelpunkt stellen, Entfaltung der Menschlichkeit) und die Renaissance (Wiederbelebung der Antike)

Hat Leonardo mit seinem Gemälde der Menschheit ein Rätsel aufgegeben?
Das unterstelle ich Leonardo ganz einfach.

Zweifelsohne hat Leonardo Freude daran gehabt, Rätsel zu erfinden. Das bestätigen die Biographen und die von ihm bekannten zahlreichen Rätsel. Sein Gemälde könnte ein Rätsel sein:

Ein Gerichtshof des Gewissens dar für die Neuzeit (aus der Sicht seiner Zeit), für die Renaissance und den Humanismus.

Lösen wir das Rätsel, erwecken wir "das Gemälde" zum Leben und setzen es in Tätigkeit:

Ein Problem, welches zu verhandeln, zu lösen ist, wird Jesus als Mensch vorgelegt. Jesus gibt es weiter mit seiner offenen linken Hand zu den Cholerikern bzw. Sanguinikern auf die Seite der Tugenden. Oder mit seiner ;verneinenden" rechten zu den Melancholikern bzw. Phlegmatikern auf die dunkle Seite der Materie. Jede mögliche Charakterausprägung kann sich entfalten. Es gibt drei verschiedene Wege:

5.1

Angenommen das Problem kommt auf der rechten, der hellen Seite zu den aktiven Cholerikern oder Sanguinikern (sechs Apostel, rechte Seite).
Dann werden den Temperamenten entsprechend die Tugenden geprüft nach den Idealen Wahr, Gut und Schön. Ob das Problem in der Sache und Art gerecht, besonnen, tapfer und weise ist (das sind die vier Wandvorhänge an der rechten Seite, die die platonischen Tugenden Gerechtigkeit, Mäßigkeit, Tapferkeit und Weisheit darstellen ). Das wird im Gewissen des Menschen verhandelt, wenn er sich mit einem Problem gründlich auseinandersetzt. Das ist der rechte Weg der Humanität.

Der humanistische Weg prüft zuerst durch die Tugenden mit dem Menschen als oberstem Prinzip. Das ist das Weltgericht, das Leonardo will. überirdische Gerichte kann er nicht sehen und beurteilen. Das Endgericht ist eine Fiktion! Das übersteigt die menschliche Erfahrung.
Danach wird mit den Urteilsformen, (drei erleuchtete Öffnungen) mit ja, nein oder unbestimmt entschieden.
Es wird dann an die Bestimmungsgründe, die Ursachen alles Seienden weitergegeben und geprüft, ob die Sache in Ordnung ist nach der Stoff-, Form-, Wirk- und Zweckursache (vier Vorhänge linke Seite).

5.2

Oder man geht andersherum, von Jesus aus zuerst zur linken, zur dunklen Seite (Materie), zu den untätigen Melancholikern bzw. den abweisenden Phlegmatikern (sechs Apostel auf der linken Seite).
Dann zu den Bestimmungsgrü;nden alles Seienden. Prüft die Stoff-, Form-, Wirk- und Zweckursache (vier linke Wandvorhänge). Danach geht es zu den Tugenden, die dann aber vorgefertigte Tatsachen, die Macht des Faktischen, "Materialistischen" vorgesetzt bekommen und nicht mehr viel bestimmen können.

5.3

Es gibt noch den dritten Weg nach oben über die Erfahrung hinausgehend. Er führt zum Glauben (Jesus) oder zu den Ideen (Platon)
Die Tugenden und die Seinsgründe und die Logik werden der Idee untergeordnet. Wenn diese nicht stimmt, falsch verstanden oder missbraucht wird, kann es sich unmenschlich, katastrophal für die Menschen auswirken.



Damit war sein Gemälde ein Kunstwerk, eine Philosophie, zugleich Wissenschaft und de facto lebend wirkende Gesetzesforderung f;r den Gerichtshof, der auf der Welt wirken soll. Es ist dies das Gewissen der Menschen. Das ist die Grundlage für einen Humanismus. Leonardo entdeckte für sich die Lehren des Sokrates, Platon, Aristoteles und anderer klassischer Philosophen. Er machte mit dem Gemälde eine Kosmologie daraus, das Renaissancegemälde schlechthin als Lehrstück, das zum Humanismus führt.

Leonardos Vision im Gemälde ist der Weltenlauf nicht erst seit dem Tod des Sokrates im Jahr 399 vor Christus. Er ist es bis heute, im Jahr 2004 nach Christus, geblieben. Sir K.R. Poppers Lehre zeigt dies für uns heute in seinen Büchern "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" an Hand des Einflusses von Sokrates, Platon, Aristotels und deren Nachfolger mit ihren Lehren in der Weltgeschichte. Ich habe viele Bücher über das Abendmahl gelesen. überall finden sich in den Deutungen nur Ahnungen und Vermutungen. Die vorliegende Deutung jedoch ist widerspruchsfrei, viel tiefer gehend und erklärt präzise.

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